„Eisnotdienst“ auf den ostfriesischen Inseln vor 75 Jahren: Zwischen dem 21. und 26. Februar 1948 waren die Seenotretter an der Nordseeküste oftmals die einzige Verbindung zum Festland. Durch aufgetürmte Eisschollen fuhr u.a. das Motorrettungsboot LANGEOOG der Station Langeoog zahlreiche Einsätze und beförderte Passagiere, Post sowie Proviant.
Vor 75 Jahren: "Eisnotdienst" der Seenotretter auf Langeoog. Das Bild zeigt eine ähnliche Situation wie 1948 wenige Jahre später. DGzRS-Archiv/H. Gleitsmann
Langeoog | Durch den anhaltenden, starken Frost bei steifen östlichen Winden war die Versorgung der ostfriesischen Insel Langeoog Ende Februar 1948 infolge starken Treibeises sehr gefährdet, die Schifffahrt kam zum Erliegen. Die Inselgemeinde bat die Seenotretter um Hilfe und diese unterstützten so gut es ging: Das Motorrettungsboot LANGEOOG mit seiner dreiköpfigen Besatzung war von da an im „Eisnotdienst“ häufig vom Tagesanbruch bis zum Dunkelwerden unterwegs. Teilweise war das Boot bei stürmischem Ostwind und Frost durch Treibeis so stark behindert, dass es zwölf Stunden für den Weg zum Festland und zurück benötigte. Nicht selten wurde die Vereisung durch überkommendes Wasser auch für die Seenotretter selbst zur Gefahr. Im Jahresbericht der DGzRS von 1948 wird mehrfach berichtet, dass die Seenotretter „Post, Milch und Personen“ beförderten.
Am 25. Februar lief die LANGEOOG im „Eisnotdienst“ beispielsweise um 8 Uhr aus dem Hafen aus, transportierte insgesamt 142 Personen ans Festland und kehrte um 16 Uhr auf die Station zurück. Einen Tag später wurden noch einmal 42 Personen, Post und Milch zwischen Langeoog und Bensersiel befördert, wozu sechseinhalb Stunden Fahrt benötigt wurden.
Wangerooge | Auch die Insel Wangerooge war durch die Frostperiode in der zweiten Hälfte des Februars in „Eisnot“ gekommen, so dass die DGzRS-Station mit dem Motorrettungsboot LÜBECK einen „Eisnotdienst“ einrichtete. In achtstündiger Fahrt wurden am 23. Februar bei frischem Ostwind, mäßig bis grober See und klarem kalten Wetter 21 Fahrgäste, neun Sack Post und Proviant – unter anderem sechs Zentner Zucker – transportiert. Am 25. Februar waren es neben Proviant auch 29 Fahrgäste und circa 300 Kilogramm Post, die von Wangerooge nach Wilhelmshaven (beziehungsweise umgekehrt) gebracht wurden.
Am 27. Februar lief die LÜBECK um 10.30 Uhr aus dem Hafen aus, um den Motorsegler „Auguste“ (Heimathafen Brake) von See durchs Eis in den Wangerooger Hafen zu lotsen. Der Wind wehte mit fünf bis sechs Beaufort (bis 49 km/h). Um 11.15 Uhr war das Rettungsboot bei dem im Wangerooger Fahrwasser wartenden Motorsegler, der dann bis zum Wangerooger Hafen gelotst wurde, wo man um 12.30 Uhr eintraf. Um 13 Uhr lief die LÜBECK wieder im „Eisnotdienst“ nach Karolinensiel, konnte aber wegen des geringen Wasserstandes nicht einlaufen und musste die Fahrgäste auf halber Strecke an ein kleines Boot übergeben. Von diesem wurden wiederum andere Fahrgäste übernommen und nach Wangerooge gebracht.
Auch auf Norderney unterstützten die Seenotretter wiederholte Male bei der Versorgung der Insulaner.
Aber auch die nordfriesische Küste blieb vom Eis nicht verschont: Vor Büsum versorgten die Seenotretter acht Tage lang das auf Tertiussand festliegende Schiff „Lieselotte“.
Erst mit einem Wetterumschwung und der Abnahme des Treibeises konnte der „Eisnotdienst“ für die ostfriesischen Inseln eingestellt werden.