Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) und die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) haben eine umfassende Erprobung moderner Rettungstechnik auf See durchgeführt. Das Vermessungs-, Wracksuch- und Forschungsschiff ATAIR des BSH sowie die Seenotrettungskreuzer NIS RANDERS und HERMANN MARWEDE testeten Suchscheinwerfer, maritime Nachtsichtgeräte sowie Beleuchtungssysteme für Rettungsmittel. Unterstützt wurden Sie dabei durch das Marinefliegergeschwader 5 der Marine und die Wehrtechnische Dienststelle (WTD) 71 der Bundeswehr.
Bedeutung der Forschungsfahrt der ATAIR gemeinsam mit den Seenotrettern
Die Tests fanden unter realistischen Bedingungen statt, um praxistaugliche Ergebnisse zu erzielen. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen in verschiedene Forschungs- und Entwicklungsprojekte ein. Die Erprobung wurde in enger Zusammenarbeit zwischen BSH, DGzRS, Industriepartnern sowie der Marine und Bundeswehr durchgeführt.
Durch die gesammelten Daten können zukünftige maritime Lösungen weiterentwickelt und optimiert werden, unter anderem zur autonomen Schifffahrt und zur Verbesserung der Kollisionsvermeidung für zum Beispiel eine wachfreie Brücke (BSH - Projekt_BZero). Zudem unterstützen sie die Normungsarbeit und tragen langfristig zur Erhöhung der Sicherheit auf See bei.
Hintergrund der Erprobung
Tests in der Praxis sind essenziell, um die Wirksamkeit maritimer Sicherheits- und Rettungstechnik unter realen Bedingungen zu prüfen. Laborexperimente allein reichen nicht aus, da sie Faktoren wie Wellenbewegungen, Wetterbedingungen und Lichtverhältnisse niemals realistisch abbilden können.
Besonders die parallele Anwesenheit von Umwelteinflüssen lassen sich nicht zuverlässig im Labor rekonstruieren. Die Forschungsfahrt der ATAIR ermöglichte daher eine exemplarische Untersuchung unter herausfordernden Bedingungen: auf der Nordsee, bei Neumond, Windstärke 5 bis 6 und Dunkelheit.
Ziele der Erprobung
1. Verbesserung von Suchscheinwerfern
Suchscheinwerfer sind essenziell für die Erkennung von schiffbrüchigen Menschen im Wasser, anderen Schiffen, Offshore-Bauwerken, Hindernissen und Seezeichen.
Der technische Entwicklungssprung von Halogen- zu LED-Scheinwerfern erfordert eine neue Normierung, um Lichtstärke und Effektivität zwischen verschiedenen Lichtgeneratoren (Xenon, Halogen, Laser oder LED) vergleichbar zu machen. Daher ist das BSH bei der Entwicklung der ISO-Norm 25433-1 für maritime Suchscheinwerfer beteiligt.
Deutsche und dänische Hersteller beteiligten sich an diesen Tests, um gemeinsam vergleichbare Qualitätsmerkmale zur Beurteilung maritimer Suchscheinwerfer für die Branche zu definieren. Ziel war es unter anderem, die Homogenität der Ausleuchtung zu bewerten und die Methoden zur Lichtmessung, einschließlich spektraler Betrachtungen, im Hinblick auf die Dämpfung von Licht über Wasser zu optimieren.
Im Fokus standen dabei auch die Analyse der spektralen Emissionen sowie die Tragweiten von Licht über Wasser. Zudem wurden standardisierte Vergleiche zwischen Halogen- und LED-Scheinwerfern in der Nahfeldsuche durchgeführt.
2. Arbeiten an KI-gestützter Objekterkennung mit elektrooptischen Sensorsystemen
Die Datenaufnahme umfasste verschiedene optische Systeme, um die Erkennung von Objekten bei Nacht zu verbessern: unter anderem einen frei treibenden Baumstamm, der besonders für kleine Wasserfahrzeuge gefährlich ist. Maritime Nachtsichtsysteme sollen nach dem neuen Standard MSC.94(72) dieses Objekt auf 600 Meter Distanz detektieren können.
- Aufnahme von Bildern im RGB- (Rot-Grün-Blau) und Infrarotbereich (IR), um einen deutschen maritimen Datensatz zu unterstützen
- Erprobung KI-gestützter Objekterkennung
Ziel ist es, die Entwicklung von Kamerasystemen zu unterstützen, die Objekte oder Hindernisse automatisch erkennen und damit die nautische Wachtätigkeit auf der Brücke unterstützen können. Solche Systeme könnten künftig auch in der Handelsschifffahrt eingesetzt werden. Die ersten optischen Objekterkennungssysteme werden bereits bei Regatten von Einhandseglern verwendet.
Besonderes Augenmerk lag auf der Schaffung von Trainingsdaten für KI-gestützte Systeme, die Personen und Objekte auf See zuverlässig erkennen können. Da sich Wellenbilder je nach Region unterscheiden, ist es besonders wichtig, spezifische Datensätze aus der Deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) zu erfassen und diese im Anschluss öffentlich zugänglich zu machen.
Sie dienen als Grundlage, um leistungsfähige KI-Modelle, die Menschen und Objekte auf See zuverlässig erkennen können, zu entwickeln. Genauigkeit und Verlässlichkeit bestehender Modelle auf dem Markt sind noch begrenzt, da es bisher an ausreichendem und vielfältigem Trainingsdatenmaterial fehlt.
3. Optimierung der Sichtbarkeit von Rettungsmitteln
Die Erkennbarkeit von Rettungsmitteln wurde durch verschiedene Tests evaluiert:
- Erweiterung einer kanadischen Studie von 2011 zur Sichtbarkeit von Rettungswesten, speziell bei Beleuchtung durch LED-Suchscheinwerfer. Hier wurde untersucht, welche Farben für Rettungswesten bei Nacht optimal sind unter unterschiedlichen Bedingungen wie Gischt, Wellenhöhe und Beobachterposition
- Untersuchung von Position Indication Light-Signalen (PIL) für Personen im Wasser mit unterschiedlichen LEDs
Alle Beteiligten zeigten sich zufrieden mit dem Verlauf, zumal das Wetter die erforderlichen Bedingungen lieferte.