Ein neues Seenotrettungsboot hat die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) am Samstag, 29. März 2025, für die Station Zingst getauft. Das Spezialschiff mit der internen Bezeichnung SRB 89 erhielt den Namen E. RUHFUS. Die traditionsreiche Freiwilligen-Station an der Ostseeküste wurde bereits 1857 gegründet und verfügt nun über das dritte Boot der modernen, speziell für das Revier entwickelten 8,4-Meter-Klasse der Seenotretter – samt ebenfalls neuem Spezialtrailer und Traktor.

Das dritte Schiff der 8,4-Meter-Klasse der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) hat in Zingst den Namen E. RUHFUS erhalten.
Rund achteinhalb Meter lang, 60 Zentimeter Tiefgang und dank 425 PS starkem Jetantrieb 33 Knoten (ca. 61 km/h) schnell – dies sind einige der markanten technischen Daten des Neubaus. Die 8,4-Meter-Klasse der DGzRS wurde von Arctic Airboats in Finnland konstruiert, in enger Entwicklungszusammenarbeit mit den Seenotrettern. Ein spezieller finnischer Bootsbaubetrieb hat das Spezialschiff gefertigt.
Das neue äußerst seetüchtige Seenotrettungsboot verfügt – typisch für die Rettungseinheiten der DGzRS – über einen hochfesten Aluminiumrumpf. Die Aufbauten bestehen aus sehr robustem glasfaserverstärkten Kunststoff.
Wie sein Vorgänger wird dieses Seenotrettungsboot auf einem – ebenfalls neu konstruierten – Spezialtrailer im Stationsgebäude am östlichen Rand des Ortes untergebracht. Ein starker, für den maritimen Einsatzzweck besonders umgebauter Traktor des Typs John Deere 6R 230 bringt das Boot entweder zur offenen Ostsee oder zu den weit verzweigten rückwärtigen Boddengewässern.
Lebenslang den Seenotrettern eng verbunden
Mit den Worten „Ich taufe Dich auf den Namen E. RUHFUS und wünsche Dir und Deiner Besatzung allzeit gute Fahrt und stets eine sichere Heimkehr“, taufte Regina Tornow, Witwe des 2019 verstorbenen Vormanns Siegfried Tornow, das neue Seenotrettungsboot. Ihre Familie ist mit der Station Zingst seit Jahrzehnten eng verbunden.
Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte ihr Schwiegervater Karl-Heinz Tornow zur Besatzung und übernahm 1964 das Amt des Vormanns. Dies übergab er 1987 an seinen Sohn – den Ehemann von Regina Tornow. Siegfried Tornow hatte das Amt des Vormanns bis kurz vor seinem Tod 2019 inne. Er steuerte die Station durch die Zeit der Wiedervereinigung, als die Stationen in Mecklenburg-Vorpommern vom Staatlichen Seenotrettungsdienst der DDR wieder an die DGzRS zurück gingen.
Die Taufe eines neuen Seenotrettungsbootes ist stets ein besonderer Moment für die ehrenamtlichen Retter, die sich Tag und Nacht für die Sicherheit auf See einsetzen. Mit der Namensnennung E. RUHFUS kommt die DGzRS dem Wunsch des Ehepaares Edith und Ernst Ruhfus aus Dortmund nach. „Die Eheleute hatten bestimmt, dass ein nicht unerheblicher Nachlass an die DGzRS gehen würde. Dafür sind wir außerordentlich dankbar“, sagt DGzRS-Vorsitzer Ingo Kramer. Das E. steht sowohl für Edith wie auch für Ernst. Edith Ruhfus ist 2020 verstorben, ihr Ehemann einige Jahre zuvor.
Herausfordernde Einsätze
Auf der Station Zingst hat die E. RUHFUS das Seenotrettungsboot ZANDER ersetzt. Es war 32 Jahre lang im Einsatz und durchgängig in Zingst stationiert. Zunächst bestand das Gespann aus der ZANDER, ihrem Spezialtrailer und einem Unimog U2150L. Inzwischen kommt ein umgebauter Traktor des Typs John Deere 6R 230 zum Einsatz, der auch den neuen Spezialtrailer zieht.
Immer wieder haben die Seenotretter der Station herausfordernde Einsätze gefahren. 1995 strandete vor der Küste bei schwerem Wetter ein Autofrachter. Die Seenotretter brachten mit der ZANDER unter schwierigsten Bedingungen die Besatzung in Sicherheit.
Unvergessen auch – ebenfalls bei schwerem Wetter – im Jahr 2003 die Hilfe für 85 Fahrgäste eines Fahrgastschiffes, das im Zingster Strom gestrandet war. Für Schlagzeilen sorgte 2016 die große Suche nach einem vermissten Vogelkundler, der schließlich von der Besatzung der ZANDER lebensgefährlich unterkühlt auf dem Großen Werder aufgefunden wurde.
Geschichte der Station Zingst
Über Generationen prägte der Fischfang die Region. Das sicherte den Lebensunterhalt der Fischer und ihrer Familien, und vieler weiterer Küstenbewohner. Eine Seenotrettungsstation gab es deshalb schon Jahre vor der Gründung der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, nämlich seit 1857. Zwei Jahre nach ihrer Gründung 1865 übernahm die DGzRS die Station.
1880 erhielt die Station mit der GRAF VON KRASSOW ihr erstes namentlich bekanntes Ruderrettungsboot, das wenige Jahre später durch ein optimiertes Modell ersetzt wurde. 1907 wurde das Ruderrettungsboot DIE BEIDEN OLLINGS in Dienst gestellt und war bis weit in die Mitte des 20. Jahrhunderts im Einsatz. Unter dem staatlichen Seenotrettungsdienst der DDR wurde in Zingst ein Kunststoffboot stationiert und ab 1990 das Schlauchboot „Rescue 5“ auf Anhänger, der von einem LKW gezogen wurde. Im selben Jahr übernahm die DGzRS wieder die Stationen in Mecklenburg-Vorpommern.
1993 stellte die DGzRS das Seenotrettungsboot ZANDER in Dienst. 1999 wurde ein modernes Stationsgebäude am östlichen Ortsrand errichtet, um die wachsenden Anforderungen der Rettungsarbeit zu erfüllen. Heute ist die Station Zingst dank engagierter Freiwilliger und modernster Technik bestens für ihre lebensrettende Aufgabe gerüstet.