Antke Reemts

Antke Reemts

Das sich ständig verändernde Wattenmeer mit seinen Untiefen, Fahrwassern und Prielen kann tückisch sein. Besonders die Seegatten zwischen den Inseln mit den vorgelagerten Sandbänken und Riffbögen sind für Fischkutter und Sportboote manchmal sehr gefährlich. Nachlässig darf dort niemand sein. Nach jedem Sturm kann sich tonnenweise Sediment verlagert haben, sodass mitunter selbst die ausgelegten Seezeichen nicht mehr den richtigen Weg durch die schmalen Fahrrinnen weisen.

Warum gelten Seegatten als so gefährlich?

In den Seegatten ist es in den vergangenen Jahren wiederholt zu fatalen und sogar tödlichen Unfällen gekommen.

Die Fahrwasser sind extrem veränderlich. Nach Stürmen können sich Untiefen auch in die Fahrwasser verlagern. Die Seegangsverhältnisse werden schnell unberechenbar. Ein Umkehren ist dann unter Umständen bereits unmöglich.

Wann kann man mit einem Sportboot ein Seegatt befahren?

Nautische Handbücher und ortskundige, erfahrene Seglerinnen und Segler sind gute Quellen. Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung hat wertvolle Tipps zusammengefasst, die wir untenstehend wiedergeben.

Was sagen die Seenotretter über die Seegatten?

„Bei NW-lichen Winden und ablaufendem Wasser wird jedes Seegatt zum ,Hinterhof des Henkers‘ – 4-5 Windstärken reichen aus.“
(Das Buch der Vorleute, Bremen 2000)

„Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Betonnung nicht schnell genug an die häufigen Veränderungen der Fahrwasser angepasst werden kann.“

Das Befahren von Seegatten empfehlen die Seenotretter ausschließlich Sportboot-Besatzungen, die in Gezeitengewässern sehr erfahren sind.

In Bezug auf den Schluchter, eines der betonnten Fahrwasser, das von See kommend nach Norderney führt, empfehlen die Seenotretter das Befahren nur sehr erfahrenen, einheimischen Seglern. Ortskundig und erfahren genügt hier nicht: Wer den Schluchter nur bei guten Befahrensbedingungen kennengelernt hat, hat keine Vorstellung davon, wie die Situation hier bei weniger idealen Bedingungen aussieht. Bei starkem Versatz durch den Seegang gibt es streckenweise nicht genügend Raum, um von den hier sehr harten Sänden frei zu bleiben. Abhängig von den Wetter- und Seegangsbedingungen sollte hier der unter Umständen weitere Weg über das Dovetief in Kauf genommen werden.

Unter bestimmten Bedingungen ist es sicherer, gar nicht in die Seegatten einzulaufen. Dies gilt besonders dann, wenn Sie die Fahrwassertonnen aufgrund des Seegangs nicht sehen können.

Beim geplanten Auslaufen aus einem Seegatt ist auch das Wetter der vorhergehenden Tage zu berücksichtigen: Gegebenenfalls kann draußen auch bei ruhiger Wetterlage eine erhebliche Altsee stehen.

 

 

Hinweise der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung

Im August 2021 kam es im Seegatt Accumer Ee zwischen Baltrum und Langeoog zu einem schweren Seenotfall, bei dem ein kleines Segelboot kenterte.

Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) gab einen ausführlichen Untersuchungsbericht zu diesem Unfall heraus und formulierte einige generelle Hinweise zum Befahren von Seegatten, die wir hier im Folgenden wiedergeben. Bitte berücksichtigen Sie: Hinweise sind eine Orientierung und müssen je nach Bootstyp teilweise relativiert werden. Die Hinweise entheben Skipper oder Skipperin nie der Verantwortung, die Bedingungen sorgfältig zu prüfen und auf Basis der aktuellen Lage zu entscheiden.

„Dem vom BSH herausgegebenen amtlichen Seehandbuch folgend, sollten Seegatten und Wattfahrwasser nur unter ortskundiger Führung oder unter Lotsenberatung befahren werden.

Dieser Grundsatz richtet sich an alle Schiffsführungen. Im Seehandbuch wird nicht nach der erworbenen Befähigung, dem Schiffstyp oder der Verwendung des Schiffes (gewerblich/privat) differenziert. Diese Empfehlung richtet sich daher auch an hochqualifizierte Kapitäne und Kapitäninnen, die für den Erwerb eines Befähigungszeugnisses in Deutschland bis zu acht (und mehr) Jahre Ausbildung, Prüfungen und Berufserfahrung in verantwortlicher Dienststellung als Offizier ableisten mussten.“

Da dies im Wassersport nicht zur Anwendung kommt, fasst das BSH zusammen:

a) Ortsunkundige sollten Seegatten nur nach ortskundiger Beratung befahren.

b) Jedes Seegatt ist anders. Details sind stets den aktuellen nautischen Veröffentlichungen zu entnehmen.

c) Seegatten sollten entlang der Betonnung jeweils mit dem Tidenstrom befahren werden.

d) Vor der seewärtigen Passage eines Gatts ist die Rückkehr zu planen.

e) Ein Seegatt sollte nicht bei Dunkelheit oder schwierigen Sichtverhältnissen befahren werden.

f) Jedes Seegatt [gemeint sind hier die betonnten Fahrwasser] sollte bei mäßigem, auflandigem Wind von 3 bis 4 Bft und dem zugehörigen Seegang bei einlaufendem Wasser und mehr als halber Tide befahrbar sein (außer es herrscht hohe Dünung/alle weiteren Hinweise beachten!).

g) Die Konstellation Strom gegen Wind stets meiden! Ab 5 Bft und mehr ist sie – bedingt durch die Windsee – gefährlich.

h) Bei auflandigem Starkwind (Windstärke 6) sind nicht mehr alle Seegatten der Ostfriesischen, Westfriesischen und Nordfriesischen Inseln befahrbar. Zumindest ist die Einfahrt riskant.

i) Die Barre sollte nahe Hochwasser (+/- 2 Stunden) befahren werden.

j) Bei der seewärtigen Ansteuerung sollte immer zunächst die Ansteuerungstonne angefahren werden (Vorteile: ausreichend Seeraum bis zur Barre; lokalisieren der Fahrwassertonnen,  Einschätzung des Seegangs und der Strömung – ggf. Umkehr).

k) Das durch die Fahrwassertonnen bezeichnete Fahrwasser sollte stets eingehalten werden. Nach Starkwindereignissen sollten im Vorwege Informationen zu der Betonnung eingeholt werden.

Weitere aus Sicht der BSU für diesen Fall relevante Empfehlungen für Segler und Seglerinnen:

− Ein Segelboot sollte ein Seegatt unter Segel nur dann bzw. nur solange unter Segel anlaufen, wie aufgrund der Windrichtung ausreichend Raum nach Lee vorhanden ist, um dem betonnten Fahrwasser unter Berücksichtigung der Strömung zu folgen.

− Bei Kursen vor dem Wind möglichst nur unter Vorsegel fahren, um das Risiko von Patenthalsen zu vermeiden und (Ergänzung durch Untersucher) die Luvgierigkeit zu reduzieren.

− Ein Motor – falls vorhanden – sollte stets startklar sein oder mitlaufen, um mit diesem das Boot auf Kurs zu halten oder aus der Gefahrensituation zu manövrieren.

 

Wann sollte man die Seenotretter rufen?

Die Seenotretter sollte man rufen, sobald man darüber nachdenkt. Melden Sie sich dazu bei der Rettungsleitstelle See der DGzRS, dem Maritime Rescue Co-ordination Centre (MRCC) Bremen.

Wird die Situation gefährlich, informieren Sie die Rettungsleitstelle See. Noch ist Zeit, in Ruhe Ihre Position und Angaben über Ihr Boot mitzuteilen. Sobald sich die Situation verändert – auch wenn sie sich beruhigt – melden Sie sich wieder bei der Rettungsleitstelle See.

Link zu unserer Notruf-Seite: Notruf

Zerstörtes Boot nach Havarie im Seegatt

Bei einem Seenotfall am 24. September 2022 im Seegatt zwischen Juist und Norderney bargen die Seenotretter von einer Gaffelketsch zwei Erwachsene und zwei Kinder ab. Das Schiff musste aufgegeben werden.

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Rettung in letzter Sekunde

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Vormann Harm Olchers (Station Baltrum) berichtet über sein Revier.

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Handfackeln für die Seenotretter spenden!

Jedes Jahr benötigen die Seenotretter 200 weiße Handfackeln. Im Rahmen der Sicherheitslehrgänge im Trainingszentrum Neustadt i. H. der Seenotretter-Akademie trainieren alle Seenotretter regelmäßig den Umgang mit der Seenotsignalmitteln. Dies dient der eigenen Sicherheit, und es schult gleichzeitig die Fähigkeiten der Besatzungen für die Suche nach Schiffbrüchigen auf Nord- und Ostsee.

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