Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

ALFRIED KRUPP auf eigenem Kiel unterwegs nach Südamerika

Nach der HERMANN HELMS und der HANNES GLOGNER ist ein dritter ehemaliger Seenotrettungskreuzer der DGzRS nun für die uruguayische Marine im Such- und Rettungsdienst. Eine erfahrene DGzRS-Crew hat die ALFRIED KRUPP im Herbst 2023 über den Atlantik überführt.

Die Coronavirus-Pandemie hatte die Reise verzögert. Extrem gestiegene Frachtkosten machten den Transport als Deckslast – wie 2018 erfolgt – unmöglich. Die rund 7.485 Seemeilen (knapp 14.000 Kilometer) nach La Paloma legte die von 1988 bis 2020 auf Borkum stationierte ALFRIED KRUPP auf eigenem Kiel zurück – mit Stopps in Frankreich, Spanien, auf den Kapverdischen Inseln und in Brasilien.

Mit Hilfe des Logbuchs der Überführungscrew nehmen wir Sie mit auf diese besondere letzte Reise der ALFRIED KRUPP unter der Flagge mit dem roten Hansekreuz.

KURS: URUGUAY – Der Film

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Erster internationaler Stopp ist der Hafen von Dunkerque (Dünkirchen), Frankreich.

Immer im Einsatz, dank Ihrer Spende!

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Auszug aus dem Logbuch

5. September 2023 
Bremerhaven. 4.12 Uhr Ausschleusen nach Borkum. 7.40 Uhr Segelyacht mit zwei Menschen an Bord auf Tabakplate vor Langeoog freigeschleppt.

7. September: 
Vor Dunkerque Rendezvous mit der „Jean Bart II“ der SNSM, Geleit zum Liegeplatz.

8. September: 
9.45 Uhr Leinen los. Bei 10 Knoten Fahrt schwimmen Schweinswale mit uns. Nachts klarer Sternenhimmel, wie man ihn an Land nie sieht. Meeresleuchten im Schwell.

10. September: 
Biskaya. Alle Smaragd- und Blautöne spiegeln sich im Sonnenlicht des Ozeans.

11. September: 
A Coruña. 7 Uhr fest, 14.15 Uhr los, um einem nahenden Tief zu entkommen.

13. September: 
Wasser im Öl der Stevenrohrabdichtung. Kurswechsel 089° nach Gibraltar.

14. September: 
Tiefausläufer erreichen uns. Fahrstuhlfahren in der vorderen Kammer.

15. September: 
Bucht von Gibraltar. Dickster Nebel, Wellen bis drei Meter. Einlaufen auf Anweisung der Port Authority nur mit Lotsen. 11.40 Uhr Lotse an Bord. Er fragt sich, warum wir einen Lotsen nehmen müssen. 12.10 Uhr fest Algeciras.

Seit Juni 1988 war die ALFRIED KRUPP durchgehend auf der DGzRS-Station Borkum im Einsatz, ehe sie im April 2020 von der HAMBURG abgelöst wurde. | Foto (r.): FlyingFocus/Hermann IJsseling

16. September bis 10. Oktober: 
Warten auf Werftplatz, Reparaturen, Wartung, Warten auf Ersatzteile.

11. Oktober: 
Ablegen. Auf zu den Kapverden. Genug ist genug. Ein Schiff muss fahren.

12. Oktober: 
Atlantik. Nach 24 Stunden Dauerbetrieb ist klar: Reparatur erfolgreich. Fliegende Fische an Deck. Je südlicher wir kommen, desto mehr nimmt der Seeverkehr ab.

15. Oktober: 
Wir fahren dem Frühling entgegen. Schwüle, feuchte Luft zieht ins Schiff. Salz legt sich überall ab. Alles klebt. Ein Tag ohne jeglichen Schiffsverkehr.

17. Oktober. 
Jeden Morgen fliegende Fische von Deck aufsammeln. Etwa 30 Delfine schwimmen mit uns mit, neben dem Schiff und kreuzend vor dem Bug. Zehn Knoten halten sie über eine Stunde locker mit. 21.40 Uhr fest Mindelo/São Vicente. Die Lichter der Stadt überdecken die Schifffahrtszeichen. Ein Segler schaltet sein Deckslicht ein und lotst uns an die Bunkerpier.

18. Oktober: 
Mindelo. Die Bunkeranlage stößt an ihre Kapazitätsgrenze. Landseitig muss der Tank nachgefüllt werden. Auch 7.000 Liter Frischwasser kommen an Bord.

19. Oktober: 
Auslaufen. Ohne Schutz der Insel drei Meter Schwell. Aber die ALFRIED KRUPP bewegt sich angenehm. Die Uhren werden auf Ortszeit Recife/Brasilien eingestellt.

20. Oktober: 
Atlantik. Alleine auf weiter See. Kein Schiff, kein gar nix, außer Wasser. Luft 36 °C, Wasser 29 °C. Der Schweiß läuft. Gefühlt alle zehn Minuten abduschen, wenn man nicht zur Ölsardine werden will.

22. Oktober: 
Regenschauer, das Salz kommt von Deck. Die ALFRIED KRUPP rollt. An erholsamen Schlaf ist nicht zu denken.

23./24. Oktober: 
Auf Nachtwache nebenbei an Neptuns Kostüm gebastelt. Drei Täuflinge treten ungewaschen über den Äquator. Neptun hat ein Einsehen, Schlaf ist wichtiger. 1 Uhr Äquator umgefahren auf 031° 42,8729’ W, keine Schäden durch Havarie. Taufe am Vormittag nachgeholt.

25. Oktober: 
Vor Brasiliens Küste immer mehr kleine Fischerboote auf dem Radar, manchmal kaum zu sehen, viele ohne AIS. Volle Konzentration, wir starren stundenlang auf den Bildschirm. Zur Einklarierung beim Zoll müssen wir lange Listen über alle Ausrüstung und privaten Dinge an Bord erstellen.

Der berühmte Felsen von Gibraltar stand ursprünglich nicht auf der Routenplanung. Ein Defekt macht einen Zwischenstopp jedoch notwendig.

„Luft 36 °C, Wasser 29 °C. Der Schweiß läuft. Gefühlt alle zehn Minuten abduschen, wenn man nicht zur Ölsardine werden will.“

Logbuch-Eintrag von Vormann Ulrich Fader

Wäsche trocknen auf der Back: Die schwülen Temperaturen rund um den Äquator sorgen für viel Schweiß an Bord

Die Überfahrt in Bildern

Langjährige Verbundenheit

Kontakte der DGzRS nach Uruguay gibt es bereits seit den 1980er-Jahren: 1985 hatte sie ihren außer Dienst gestellten Seenotrettungskreuzer RUHR-STAHL der Station Amrum nach Uruguay abgegeben, allerdings nicht an die Marine, sondern an ihre uruguayische Schwestergesellschaft Asociación Honoraria de Salvamentos Marítimos y Fluviales (ADES). In den Folgejahren hat die ADES immer wieder außer Dienst gestellte Seenotrettungsboote der DGzRS übernommen, zuletzt 2018 zwei 8,5-Meter-Boote. Sie sind dort ebenfalls nach wie vor im Einsatz. 2018 übernimmt die uruguayische Marine den ehemaligen 27,5-Meter-Seenotrettungskreuzer HERMANN HELMS und die etwas kleinere HANNES GLOGNER. Im vergangenen Jahr stellt sie die ALFRIED KRUPP in Dienst.

26. Oktober: 
7.20 Uhr fest Recife. Unsere Listen will niemand sehen. Der Zoll stempelt die Schiffspapiere – fertig. Fürs Bunkern bringt das Hafenamt Ölsperren aus. Einstimmige Meinung von uns: Die sind da, um den Dreck des Hafens von der ALFRIED KRUPP fernzuhalten.

27. bis 30. Oktober. 
11.45 Uhr Leinen los in Recife. Schwell bis vier Meter. Die ALFRIED KRUPP rollt wie eine Schiffschaukel. An Schlaf ist nicht zu denken. Am 29. lässt der Wind nach. Wir backen eine frische Pizza – nach drei Tagen Dosenfutter! Wale gesichtet.

1. bis 5. November: 
Santos, Stadt der schiefen Hochhäuser, größter Containerhafen Südamerikas. Keine genauen Infos zum Liegeplatz. Namen, die in keiner Seekarte, keinem Handbuch zu finden sind. Jeder will nur noch schlafen. Ein Sturmtief bremst uns aus. Zeit für Wartung und Pflege. Die Technik läuft problemlos. Keine nennenswerten Reparaturen bis auf Ölwechsel in Recife.

6. November: 
8 Uhr Leinen los zur letzten Etappe. Uns erwarten lange Wellen und Dünung mit etwa vier Metern von vorne. Wir fahren wieder Fahrstuhl.

7. November: 
Bei achterlichem Wind und Schwell treibt der Brazil Current uns mit 13 Knoten La Paloma entgegen. 16.30 Uhr Delfinschule mit etwa 50 Tieren.

9. November: 
Wind aus Süd, glatte See. Das haben wir uns zum Abschluss verdient. Begrüßung durch alte Bekannte: Die „ROU 52 Isla de Lobos“ (ex-HERMANN HELMS) ist bruchstückhaft über Funk zu hören. Rendezvous mit ihr auf See. Lautes Hupen und Gewinke. Gratulationen für die Leistung über UKW. Eskorte nach La Paloma, Wiedersehen auch mit der „ROU 51 Isla de Flores“ (ex-HANNES GLOGNER). 10.20 fest La Paloma. Alles, was Uniform trägt, hilft beim Festmachen. Wir Zivilisten werden mit militärischem Gruß begrüßt. Der Oberkommandant hält eine Empfangsrede, die nur zu stoppen ist, indem man ihm ein Einlaufbier in die Hand drückt.

17. November: 
Mariana Correa, Lehrerin der Navigationsschule Montevideo, tauft die ALFRIED KRUPP auf den Namen „ROU 53 Isla Farallón“. An Bord hat nun Commander Gustavo Furino das Sagen. Die DGzRS erhält die „Medaille des 15. November 1817 für ausgezeichnete Dienste von besonderer Bedeutung für die uruguayische Marine“.

Endlich am Ziel, bereits mit neuem Namen: In La Paloma wird die ehemalige ALFRIED KRUPP umgetauft auf den Namen „ROU 53 Isla Farallón“.

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