Kleine Knotenkunde
Wer zur See fahren will, muss Knoten knüpfen können – Seeleute legen oder stechen Knoten, sie verwenden nicht das Wort knüpfen. Das gilt nicht nur auf Segelbooten, bei denen man ja die vielen Leinen in der Takelage sofort sieht. Auf Booten und Schiffen aller Art benutzt die Mannschaft dünne und dicke Leinen. Sie halten das Schiff an der Pier fest, die Fender hängen daran, sie hissen die Flaggen in den Wind und senken das Lotblei ins Wasser – und alle müssen gut festgemacht sein: mit speziellen Knoten, die alle Seeleute ganz am Anfang ihrer Ausbildung lernen.
Alltagstaugliche Seemannsknoten
Das gilt selbstverständlich auch für die Seenotretter. Christian Koprek-Bremer ist Vormann, also Kapitän, auf dem Seenotrettungskreuzer PIDDER LÜNG in List, ganz im Norden auf der Nordseeinsel Sylt. Er zeigt in diesen Videos fünf Knoten, die Seenotretter auch können müssen, um anderen helfen zu können. „Kleine Knotenkunde“ haben wir das genannt – denn es gibt noch viel mehr Knoten. Aber diese fünf Seemannsknoten sind mit die wichtigsten. Sie helfen in vielen Situationen. Und sie funktionieren mit einem Bindfaden genauso gut wie mit einer armdicken Leine.
Vielleicht erscheint das Knotenlegen auf den ersten Blick ein wenig kompliziert – man braucht schon etwas Übung. Am besten einfach langsam, Schritt für Schritt üben. Wer den Dreh erst einmal raushat, sticht die Knoten bald wie im Schlaf. Es lohnt sich, denn auch an Land kann jeder die Profi-Knoten super gebrauchen.
Auf See ist es wichtig, dass Knoten verlässlich und sicher halten. Gleichzeitig müssen sie leicht zu lösen sein, selbst, wenn die Leine nass ist. Darum ist es wichtig, die Knoten richtig zu machen. Einfach so lange üben, bis der Knoten genau an der Stelle sitzt, wo er sein soll.
Christian Koprek-Bremer bindet jeden Knoten mehrfach. Die Videos können auch langsamer abgespielt werden. Und nun ein Seil, eine Leine oder einen Bindfaden geschnappt und mitgeknotet!
Ein kleiner Tipp: Seeleute nennen Seile nicht Seile. Sie benutzen an Bord spezielle Namen, damit jeder weiß, was genau gemeint ist:
- der Tampen – das Ende eines Seiles
- das Bändsel – eine Schnur oder Leine bis sechs Millimeter Durchmesser
- die Leine – ein Seil von sechs bis zwanzig Millimeter Durchmesser
- die Schot – eine Leine, mit der man ein Segel in die richtige Stellung im Wind bringt
Der Palstek ist der „König unter den Knoten“. Mit ihm legen Seeleute eine feste Schlinge, die sich nicht weiter zuzieht. Diese legen sie um einen Poller oder Pfahl oder auch um einen Menschen, damit sie ihn aus dem Wasser ziehen können. Der Palstek hält besonders gut, auch wenn er abwechselnd „Zug“ und „Lose“ bekommt. Alle, die zu See fahren, sollten ihn unbedingt können. Weil er so vielseitig einzusetzen und deswegen beliebt ist, trägt er weitere Namen. Retter an Land nennen ihn Pfahlstich (das ist die hochdeutsche Übersetzung des plattdeutschen Namens Palstek), Rettungsschlinge oder Brustbund. Kletterer sagen Bulin vom englischen Namen „bowline“. Christian Koprek-Bremer erzählt im Video eine kleine Geschichte, mit deren Hilfe sich leicht merken lässt, wie die Leine zu stechen ist.
Manchmal wird er mit einem „e“ mehr geschrieben: Webeleinstek. Er heißt auch Mastwurf. Er ist kein Seemannsknoten im eigentlichen Sinne, da er sich bei linearer Belastung festzieht und bei wechselnder Belastungsrichtung aufgeht. Er sieht sehr einfach aus – jedoch sollte genau auf die Leinenführung geachtet werden, damit er nicht durchrauscht. Der Webleinstek ist auf zwei verschiedene Weisen zu stechen: Er kann „geworfen“ werden, also von oben die einzelnen Schlaufen über einen Gegenstand binden. Das funktioniert sogar mit ganz dicken Tauen. Mit etwas Übung geht das blitzschnell. Er kann aber auch „gelegt“ werden. Dann muss die Leine (den losen Teil) zum Beispiel an eine feste Stange oder eine gespannte Leine (den stehenden Teil) gesteckt werden, so wie es Christian Koprek-Bremer im Video macht. Er bindet auf diese Weise einen Fender an die Reling. Christian Koprek-Bremer setzt im Video noch einen halben Schlag davor, damit sich der Webleinstek nicht von selbst löst, wenn der Zug nachlässt. Den halben Schlag legt er auf Slip. Das bedeutet, er steckt das lose Ende U-förmig unter die Leine, statt es ganz durchzuziehen. So lässt sich der Knoten leicht lösen.
Seeleute benutzen den einfachen Schotstek, um unterschiedlich und gleich starke Leinen zu verbinden wie beispielsweise eine Leine mit einer Schlaufe aus dickerem Material. An dem dicken Tampen befindet sich ein Auge, die dünnere Leine wird daran gesteckt. Wer genau hinschaut, erkennt die Ähnlichkeit zum Palstek – einfach mal den Knoten umdrehen. Er ist mit großem Abstand der am häufigsten gestochene Knoten und wird unter anderem für Fischernetze verwendet. Christian Koprek-Bremer zeigt auch den doppelten Schotstek – er führt die Leine zweimal auf die gleiche Weise um das Auge. So hält der Knoten noch besser.
Seeleute legen den Achtknoten oder Achterknoten ins Ende einer Schot, damit er ihnen nicht durch einen Block rauscht. Oder der Nähfaden nicht durch das Nadelöhr. Oder die Kordel eines Kapuzenpullis nicht durch die Ösen, das sieht schön seemännisch aus, finden wir! Wer Christian Koprek-Bremer zuschaut, sieht, wie der Name Achtknoten zustande kommt. Inzwischen ist bestimmt schon das Prinzip der Seemannsknoten zu erkennen: Das Stück der Leine, auf das Zug kommt, hält immer das lose Ende fest. Nimmt man diese Kraft weg, löst sich der Knoten.
Seeleute brauchen ihn, um zwei gleich starke Leinen miteinander zu verbinden. Er dient ihnen im Alltag häufig – jeder kann den Kreuzknoten statt eines „normalen“ Knotens nutzen, den man bisher geknüpft hat. Einfach die zweite Verknüpfung andersherum binden, als man es wahrscheinlich gewohnt ist. Anfangs ist es ungewohnt – aber bald geht es ohne nachzudenken. Der Kreuzknoten hält besser als der Alltagsknoten, lässt sich aber leichter lösen – und sieht auch noch schöner aus. Auch der Kreuzknoten kann gesteckt werden, indem zuerst ein Auge gelegt und die andere Leine dann darum herumgeführt wird. Einfach genau einprägen, wie der Knoten am Ende aussehen soll. Zum Üben finden angehende Seeleute es oft einfacher, zwei verschieden farbige Leinen zu wählen. Mit dem Kreuzknoten können aber auch die zwei Tampen desselben Endes miteinander verbunden und so eine Schlaufe erzeugt werden. Übrigens: Schuhe können mit einem doppelt auf Slip gelegten Kreuzknoten gebunden werden – einfach mal ausprobieren.