Ralf Baur

Ralf Baur

Im Sinne des Erblassers

Die Seenotretter sind sehr dankbar dafür, dass es manchmal Menschen gibt, die ihnen Immobilien vererben, schenken oder diese in die Stiftung „Die Seenotretter“ einbringen. Ein großer Vorteil dieses langfristigen Engagements: eine Erbschaftssteuer oder eine Schenkungssteuer entfällt, weil die DGzRS vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt ist. Bei den Seenotrettern kümmern sich vor allem Melanie Lipp und Nicolaus Stadeler um die überlassenen Immobilien. Im Interview erläutert der DGzRS-Geschäftsführer, worauf seine Mitarbeiterin und er dabei besonderen Wert legen.

Porträt des DGzRS-Geschäftsführers Nicolaus Stadeler

DGzRS-Geschäftsführer Nicolaus Stadeler verantwortet seit 2011
den Geschäftsbereich Finanzen.

Melanie Lipp und Nicolaus Stadeler in einem nicht renovierten Wohnzimmer
Blick in ein renoviertes Zimmer mit geschliffenem Parkettboden

(1) Geschäftsführer Nicolaus Stadeler und Melanie Lipp von der DGzRS schauen sich eine noch nicht renovierte Wohnung an. Nachdem die Handwerker ihre Arbeiten abgeschlossen haben, sehen Wohnzimmer (2) und Küche (3) sehr einladend aus. Fotos: Die Seenotretter – DGzRS

Was passiert mit Immobilien, die Menschen den Seenotrettern vererben oder bereits zu Lebzeiten schenken?

Nicolaus Stadeler: Zunächst prüfen wir gemeinsam mit Fachleuten die uns zugedachten Häuser: Wir ermitteln deren Verkehrswert, wägen Chancen und Risiken gut gegeneinander ab. Dann entscheiden wir, wie wir die Immobilien bestmöglich im Sinne unserer selbstgewählten Aufgabe in unsere eigenverantwortliche Arbeit einbringen können. Wobei wir zwischen selbst bewohnten Häusern oder Eigentumswohnungen und sogenannten Anlageimmobilien, also vermieteten Wohnhäusern, unterscheiden müssen.

Die erstgenannten Immobilien bieten wir in der Regel über ein Maklerbüro auf dem freien Markt an und veräußern diese zum höchstmöglichen Preis. Es sei denn, wir stellen nach eingehender Prüfung fest: Eine Vermietung rentiert sich nach einer Renovierung langfristig, auch im Hinblick auf die zukünftige Wertentwicklung. Es erfolgt stets eine Einzelfallentscheidung. Diese orientiert sich immer am Willen derjenigen, die uns im Nachlass oder mit einer Schenkung bedenken. Das durch einen eventuellen Verkauf erworbene Geld fließt direkt in den Rettungsdienst. Es trägt dazu bei, dass unsere Besatzungen rund um die Uhr und bei jedem Wetter rausfahren können, um Menschen aus Seenot zu retten und aus Gefahren zu befreien.

Mietshäuser dagegen, die manchmal auch als Zinshäuser bezeichnet werden, halten wir sehr gerne. Wir führen sie nach den im Testament niedergelegten Vorstellungen der ehemaligen Besitzerinnen und Besitzer weiter. Bei Schenkungen setzen wir uns mit denjenigen, die uns bedenken möchten, zusammen. Gemeinsam erarbeiten wir individuell auf ihre Wünsche zugeschnittene Lösungen. Meist sind ihnen vor allem eine nachhaltige Perspektive und dauerhafter Werterhalt wichtig. Die kontinuierlichen Erträge aus den Mieteinnahmen fließen beständig in unsere unabhängige, häufig lebensrettende Arbeit auf Nord- und Ostsee.

 

Fallen Erbschaftssteuer oder Schenkungssteuer an, wenn Eigentümer ihre Immobilien den Seenotrettern schenken oder ihnen vererben?

Stadeler: Die DGzRS ist vom Finanzamt im Sinne der Abgabenordnung als gemeinnütziger Verein anerkannt. Damit fallen weder Schenkungssteuer noch Erbschaftssteuer an, unabhängig vom Verkehrswert der Immobilie. Auch die Änderungen im Jahressteuergesetz zum 1. Januar 2023 wirken sich nicht aus. Wir müssen also glücklicherweise weiterhin nicht mit einem Erbschaftssteuerrechner die Erbschaftssteuer berechnen und Freibeträge heraussuchen. Stattdessen können wir uns sofort auf die Mietshäuser konzentrieren, uns um sie kümmern und alles nach den Vorstellungen desjenigen fortführen, der uns im Nachlass bedenkt oder eine Schenkung zu unseren Gunsten macht.

Ebenfalls in diesem Zusammenhang wichtig: Die zukünftigen Mieterträge unterliegen keiner Ertragssteuer. Das gilt im Übrigen ebenfalls für Zustiftungen in die Stiftung „Die Seenotretter“.

Sie möchten mit uns ins Gespräch kommen, haben konkrete Fragen, wie Sie Ihre Immobilien den Seenotrettern vermachen können? Dann melden Sie sich bitte bei uns, wir sind gerne für Sie da. 

Ist es möglich, den Seenotrettern eine Immobilie zu schenken, aber bis zum Tod die Erträge selbst zu behalten?

Stadeler: Ja, in diesem Fall greift das sogenannte Nießbrauchrecht. Das wird im Zusammenhang mit Schenkungen gelegentlich angewendet, weil es einige positive Punkte für die Eigentümer beinhaltet. Die finanziellen Vorteile in Bezug auf die Erbschaftssteuer spielen in unserem Fall jedoch keine Rolle, da wir diese aus dem bereits genannten Grund nicht entrichten müssen.

Wenn uns eine Eigentümerin oder ein Eigentümer ein Mietshaus bereits zu Lebzeiten schenkt und sich gleichzeitig selbst ein Nießbrauchrecht an der Immobilie einräumt, geht diese in unseren Besitz über. Doch sie oder er kann das Haus als Nießbraucher weiterhin im vollen Umfang nutzen, also noch bis zum eigenen Tod die „Früchte“ des ehemaligen Eigentums genießen. Dabei bezieht sich das Nießbrauchrecht keineswegs ausschließlich auf das Wohnrecht, sondern erstreckt sich nach den gesetzlichen Vorgaben ebenso auf Pachtzinsen oder Mieteinnahmen.

Für uns ist dabei die Vorfinanzierung zu klären: Diese betrifft unter anderem die anfallenden Rechts- und Notarkosten. Zudem muss sichergestellt sein, dass auch während des Bestehens von Nießbrauchrechten keine Verluste mit der Immobilie erwirtschaftet werden.

 

Wie organisieren die Seenotretter die Verwaltung der vermieteten Immobilien?

Stadeler: Oftmals befinden sich diese bereits vor einer Erbschaft oder Schenkung an die Seenotretter in professionellen Hausverwaltungen. Mit diesen arbeiten wir, wenn möglich, sehr gerne weiterhin zusammen. Sie kennen die Immobilie sowie deren Mieterinnen und Mieter über viele Jahre. Zudem sind sie mit den Ideen der vorherigen Besitzerinnen und Besitzer bestens vertraut. Das ist für uns immer sehr hilfreich: So können wir ganz im Sinne der Menschen, die uns im Nachlass oder mit einer Schenkung bedenken möchten, die Wohnhäuser mit der gleichen Wertschätzung pflegen, renovieren und erhalten, wie sie es zuvor selbst getan haben.

Blick in ein unrenoviertes Badezimmer
Blick in ein renoviertes Badezimmer

Vorher, nachher: Eine geerbte Immobilie in Berlin haben die Seenotretter aufwendig renoviert. So haben die Handwerker beispielsweise das Badezimmer unter anderem mit einem neuen Fließenspiegel und neuer Sanitärkeramik versehen sowie die Elektrik auf modernsten Stand gebracht. Fotos: Die Seenotretter – DGzRS

Was passiert mit den Mieterinnen und Mietern?

Stadeler: Die Immobilien und Mietverhältnisse werden von den Seenotrettern in der Regel übergangslos fortgeführt und von den schon vorher tätigen Hausverwaltungen betreut. Es entsteht kein Bruch, das ist uns ganz wichtig.

In meinen vielen Gesprächen mit den Mieterinnen und Mietern der geerbten Immobilien habe ich hin und wieder große Unsicherheit, verbunden mit Zukunftssorgen, wahrgenommen. Ich höre dann Fragen wie: „Was machen Sie als neuer Eigentümer?“, „Verkaufen Sie ‚meine‘ Wohnung?“ oder „Wird mir wegen Eigenbedarf gekündigt?“ Ich beruhige dann die Menschen und sage ihnen: Die Seenotretter stehen für Kontinuität. Alle dürfen dort wohnen bleiben, wie sie es in manchen Fällen bereits seit Jahrzehnten tun.

Eine Mieterin in Köln sagte einmal zu mir: „Dann bewirke ich mit meiner Miete nun mittelbar etwas für Menschen in Not auf Nord- und Ostsee.“ Diese Sichtweise hat mich sehr berührt. Denn genauso ist es ja.

 

Was bewirken die geerbten Immobilien?

Stadeler: Aus dem inzwischen vielfältigen Immobilienbestand in Städten wie Hamburg, Berlin, Bremen, Köln und Wiesbaden fließen den Seenotrettern mittlerweile jedes Jahr, nach Rücklagen für Instandhaltungsmaßnahmen, kontinuierlich Nettomieterträge in siebenstelliger Höhe zu. Dieser Betrag entspricht in etwa den jährlichen Kosten einer Festangestellten-Station wie beispielsweise in Cuxhaven, Laboe oder Borkum.

Das Geld gibt uns Planungssicherheit und versetzt uns in die Lage, unserer satzungsgemäßen Aufgabe umfänglich nachzukommen. Das ist ganz im Sinne der Menschen, die uns ihre Häuser vermacht haben, um uns über ihren Tod hinaus zu unterstützen. Dieses sehr große Vertrauen in unsere Arbeit ist für uns Verpflichtung und Ansporn zugleich. Nur wenn wir die Substanz der Immobilien langfristig bewahren, können wir mit den erzielten Erträgen unsere Besatzungen stetig mit den modernsten Einsatzmitteln ausstatten und sie so in die Lage versetzen, selbst unter widrigsten Bedingungen Menschen auf See zu retten.

Mieterträge finanzieren Seenotrettungsboot

Wie Menschen die Seenotretter mit vererbten Mietshäusern langfristig unterstützen können, hat der passionierte Wassersportler Peter Habig gezeigt. Der Wiener hat die DGzRS in seinem Testament bedacht und ihnen vier Wohn- und Geschäftshäuser in Köln vermacht. Zum Dank hat 2019 das neue Seenotrettungsboot der Freiwilligen-Station Wilhelmshaven seinen Namen erhalten.

Seit Peter Habigs Tod kümmert sich die bereits von ihm eingesetzte Hausverwalterin im Auftrag der DGzRS nach wie vor um die geerbten Immobilien. Das ist ganz in seinem Sinne und ermöglichte den Mieterinnen und Mietern einen nahtlosen Übergang, weil sie die Hausverwalterin bereits seit Jahren kennen. Einmal im Monat erhalten die Seenotretter von ihr einen Sachstandsbericht, bei besonderen Ereignissen auch darüber hinaus. Die Zusammenarbeit ist überaus vertrauensvoll und angenehm.

Archivfoto: Jens Lösche

„Dann bewirke ich mit meiner Mietzahlung nunmehr mittelbar etwas für Menschen in Not auf Nord- und Ostsee.“

Eine Mieterin aus Köln

Glossar mit wichtigen Begriffen

Erbschaftssteuer-Höhe / Schenkungssteuer-Höhe
Die DGzRS ist vom Finanzamt im Sinne der Abgabenordnung als gemeinnütziger Verein anerkannt. Deshalb sind die Seenotretter von der Erbschafts- und Schenkungssteuerpflicht befreit. Es fallen somit weder Schenkungssteuer noch Erbschaftssteuer an, unabhängig vom Verkehrswert der Immobilie. Das bedeutet, dass wir keinen Cent ans Finanzamt abführen müssen und die geerbten Mittel in vollem Umfang den Seenotrettern zugutekommen.

Ansonsten berechnet das Finanzamt nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) die Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer unter anderem anhand des Wertes der vererbten Immobilie, des Verwandtschaftsgrades sowie den damit verbundenen Freibeträgen und Steuerklassen. Aber wie gesagt: Dies ist für uns nicht der Fall.

Steuerklassen bei einer Erbschaft
Der Verwandtschaftsgrad bestimmt im Fall einer Erbschaft die Steuerklasse. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen Steuerklasse I, Steuerklasse II und Steuerklasse III. Den günstigsten Steuersatz gewährt das Finanzamt für die Steuerklasse I. Diese gilt für Verheiratete oder eingetragene Lebensgemeinschaften, Kinder und Stiefkinder sowie weitere enge Verwandte. Entferntere Verwandte bekommen in Steuerklasse II die zweitgünstigsten Steuersätze. Dazu zählen unter anderem Geschwister und Geschwisterkinder, Stiefeltern und Schwiegereltern, Schwiegerkinder und geschiedene Ehegatten. Die höchsten Steuersätze gelten in Steuerklasse III für alle die nicht mit dem Erblasser verwandt sind.

Auch hier gilt: Für die DGzRS sind die Steuerklassen bedeutungslos, weil sie aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit von der Erbschaftssteuer befreit ist.

Freibetrag
Der Gesetzgeber gewährt Steuerpflichtigen verschiedene Freibeträge. Das bedeutet: Lediglich die den Freibetrag übersteigende Summe zieht das Finanzamt heran, um die zu zahlende Steuer zu berechnen. Anders als beim Freibetrag ist es dagegen bei der Freigrenze: Wird diese überschritten, muss der Steuerzahler den gesamten Betrag versteuern.

Freibeträge hat der Gesetzgeber eingeführt, um beispielsweise die sogenannte Steuerprogression abzumildern. Daneben werden Freibeträge auch für Lebensumstände gewährt, die mit hohen Ausgaben verbunden sind. Festgelegt sind die geltenden Freibeträge unter anderem im Einkommensteuergesetz oder Erbschaftssteuergesetz. Bei einer Erbschaft bedeutet dies: Wenn der Wert der vererbten Immobilie über den jeweiligen Freibetrag hinausgeht, müssen die Erben den darüberhinausgehenden Betrag versteuern.

Für die DGzRS sind Freibeträge bei einer Erbschaft oder Schenkung bedeutungslos, weil sie aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit von der Erbschaftssteuer und von der Schenkungssteuer befreit ist.

Verkehrswert oder Marktwert
Was unter dem Verkehrswert einer Immobilie zu verstehen ist und welche Kriterien den Wert bestimmen, legt der Paragraf 194 des Baugesetzbuchs fest. Demnach ist ein Gutachten notwendig, um die Eigenschaften und Beschaffenheit sowie die Lage der Immobilie zu bewerten. Anhand dessen wird der derzeitige Wert des Grundstücks samt Immobilie ermittelt. Der Verkehrswert ist folglich eine Momentaufnahme.

Testament
Wer seinen Nachlass frühzeitig regeln möchte, sollte ein Testament aufsetzen. Weitere Informationen auch zum sogenannten Berliner Testament finden Sie hier.

Vererben & Zustiften

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