Wer erinnert sich nicht an den legendären Fiat 500? Mit Zwischengas und 18 PS unter der Heckhaube, 100 km/h Spitze. Es ist das erste Auto von Barbara und Wolfgang Wiese. Es bringt sie bis zum Nordkap und hatte für sie Symbolcharakter, nicht nur wegen seiner knallroten Farbe. Bis 2016 stand ein roter Fiat 500 in ihrer Garage, wenn auch nicht mehr der erste. So haben die Seenotretter einen roten Fiat 500 geerbt – und nicht nur ihn.

Die eigentliche Leidenschaft von Barbara und Wolfgang Wiese war das Segeln. Das lag nicht zuletzt am bevorzugten Urlaubsziel von Wolfgang Wieses Familie aus Berlin: der Ostsee. Für Wolfgang wird sie spätestens im Studium in Kiel Segelrevier Nummer eins. Für Barbara lag das schon näher, sie war waschechte Kielerin. Im Studium kreuzt sich der Kurs der beiden, sie heiraten in Kiel. Die Förde sollte ihre Heimat bleiben. Die Segelei war ihr Leben: ungezählte Törns, Erlebnisse, Geschichten. Einer der Höhepunkte ist die Nordatlantik-Überführung einer Segelyacht von New York nach Kiel 2015. Am Ruder: Wolfgang Wiese. 

Urplötzlich verstirbt Barbara Wiese im Frühjahr 2016 auf dem Rückflug aus dem Urlaub, nur Tage nach ihrem 64. Geburtstag. Ihr Mann folgt ihr ebenso überraschend wenige Wochen später. Ein letztes Mal spielt die See eine wichtige Rolle: Beide werden in ihrer geliebten Ostsee seebestattet.

Barbara und Wolfgang Wiese mit ihrem Fiat 500
Barbara und Wolfgang Wiese mit ihrem Fiat 500

Für das kinderlose Ehepaar mit der großen Liebe zum Meer stand schon früh fest, wer dereinst ihr Erbe sein sollte: ihre Seenotretter. Sie haben sie nie selbst rufen müssen, so manches Mal aber wurden sie auf UKW-Kanal 16 Zeuge eines dramatischen Notrufs. Und hörten an ihrem Seefunkgerät die unaufgeregte, vertraute Stimme aus der RETTUNGSLEISTELLE SEE: „Wir kommen.“ Was für ein beruhigendes Gefühl zu wissen: Im Notfall bist du eben nicht allein da draußen.

Wenn zwei Menschen innerhalb so kurzer Zeit auf ihre letzte Reise gehen und keine Nachkommen da sind, stellt sich die große Frage: Wer kümmert sich jetzt um alles? Barbara und Wolfgang Wiese wussten, dass sie nicht nur im Seenotfall gut aufgehoben sein würden. Als Erbe erledigen wir selbstverständlich alle notwendig werdenden Formalitäten, und zwar mit jahrzehntelanger Erfahrung und ebenso gewissenhaft und diskret, als sei es ein Todesfall in der eigenen Familie. Das reicht von der Kündigung des Zeitungsabonnements bis zur Verwertung der Immobilie. Gerade die allerersten Schritte sind häufig die schwierigsten. In diesem Fall hatten wir großer Glück: Wolfgang Wieses Schwester hat uns dankenswerterweise tatkräftig unterstützt.

Mehrere mit bunten Flaggen geschmückte Seenotrettungsboote fahren bei sonnigem Wetter auf der Ostsee.

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Am Tag der Bootstaufe der WOLFGANG WIESE versammelt sich die Crew auf dem frisch getauften Seenotrettungsboot.
Taufe der WOLFGANG WIESE | Foto: Jörg Sarbach

1974 haben die Mittel des jungen Paares immerhin für die 18 PS des roten Fiat 500 gereicht. Im April 2018 taufen wir ein neues Seenotrettungsboot auf ihren Namen: Die WOLFGANG WIESE – mit 380 PS. 30 Jahre lang wird die Besatzung unter diesem Namen Menschen aus Seenot retten. In dieser Form werden wir ihr Andenken in Ehren halten. So sagen Seenotretter Danke.

Zwei Seenotrettungsboote auf See
Erste Fahrt unter neuem Namen. | Foto: Jörg Sarbach

Eine Berücksichtigung im Testament ist für die Seenotretter ein ungemein großer Vertrauensbeweis. Für uns stellt diese Form der Unterstützung die wichtigste Möglichkeit dar, unsere Seenotrettungskreuzer und -boote nach etwa 30 Jahren hartem Einsatz zu erneuern, damit sich unsere Besatzungen stets auf die sicherste und zuverlässigste Technik verlassen können und immer heil zurückkommen. 

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