Ralf Baur

Ralf Baur

Zwischen zwei längeren Filmdrehs für neue Folgen der beliebten ZDF-Erfolgsserie „Das Traumschiff“ ist Barbara Wussow im Februar lediglich für wenige Tage in ihrer Heimatstadt Wien. Dennoch nimmt sich die neue Botschafterin der Seenotretter viel Zeit für ein Gespräch mit der DGzRS. Wenn sie erzählt, schwingt in ihrer Stimme stets ihr wienerisches Idiom mit. Sie spricht über ihre Familie und ihre Arbeit als Schauspielerin – beides gehört für sie zu einem erfüllten Leben dazu. Das ist genauso zu spüren wie ihr herzlicher Charakter und ihre große Bodenständigkeit. Die hat sie sich in vier Jahrzehnten auf der Bühne und vor der Kamera bewahrt.  

Liebe Frau Wussow, Ihre Eltern waren das berühmte Schauspielerehepaar Klausjürgen Wussow und Ida Krottendorf, auch Ihr Bruder Alexander ist Schauspieler. Gibt es ein Künstler-Gen in Ihrer Familie?
Schon a bisserl, mein Sohn ist als Zauberer Nikolaus Fortelni mittlerweile auch künstlerisch unterwegs. Unsere Eltern haben meinen Bruder und mich erfolglos davon abgehalten, ebenfalls Schauspieler zu werden. Sie wollten, dass wir einen anderen Weg einschlagen, weil sie wussten, wie beschwerlich, unberechenbar und unsicher der Beruf sein kann. Deshalb habe ich zunächst eine Ausbildung als Bühnen- und Kostümbildnerin abgeschlossen. Doch mit Anfang 20 wurde mir von mehreren Seiten signalisiert: „Du gehörst auf die Bühne und nicht dahinter.“

Auch meine Eltern unterstützten mich, als sie bei einem Vorsprechen merkten: Da ist etwas. Ich lernte die Schauspielerei von der Pike auf, hatte das große Glück, die richtigen Rollen zu bekommen und die richtigen Menschen kennenzulernen.  

Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf als Schauspielerin?
Mein Berufswechsel ist für mich eine Art Lebenstherapie gewesen, er hat in mir etwas aufgebrochen, dass es vorher nicht gab. Früher war ich sehr schüchtern, heute dagegen genieße ich es, wenn Menschen sich für mich interessieren, mir beim Spielen zuschauen. Ich kann als Schauspielerin in verschiedene Figuren schlüpfen, sie zum Leben erwecken. Ich kann unterschiedliche Charaktere darstellen und meine Emotionen ausleben. Das macht mir sehr großen Spaß. Und ich empfinde es als großes Glück, mit meiner Arbeit andere Menschen zu berühren, sie für einen Augenblick von ihrem Alltag abzulenken, sie zum Träumen zu bringen.

Daneben ist es ein großes Geschenk, was ich bei den Dreharbeiten und abseits davon erleben darf. Die spannende Arbeit mit lieben Kollegen, dem tollen Team hinter der Kamera und die Reisen an Orte, die ich sonst niemals gesehen hätte. 

Müssten Sie sich entscheiden: Theater oder Film? 
Es ist wie Flipflops oder Winterstiefel: Beides kann man nicht miteinander vergleichen. Auf der Bühne spürst du, riechst du und hörst du das Publikum. Du musst ungeheuer präsent sein, mit deiner Stimme den letzten Winkel des Zuschauerraumes erfüllen und die Energie haben, eine Figur zwei Stunden durchspielen zu können. Eine Auszeit kannst du dir auf der Bühne nicht nehmen.

Beim Film dagegen kannst du mit minimalen Gesten sehr viel erreichen, du musst dich zurücknehmen können. Du musst die Zeit zwischen den einzelnen Aufnahmen füllen können und dann auf Knopfdruck da sein. Filmen ist eine langwierige und auf eine andere Art anstrengende Arbeit. Ich brauche beides zu seiner Zeit. 

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Gibt es ein berufliches Erlebnis am Theater oder Filmset, an das Sie sich besonders gern erinnern? 
Ich habe in meinen bisherigen 40 Berufsjahren so viele schöne Dinge erleben dürfen, da fällt es mir schwer, das eine Ereignis zu nennen. Alle fügen sich wie kleine Steinchen zu einem großen, regenbogenfarbenen Mosaik zusammen, das mein Leben ist. 

Gibt es ein Motto, nach dem Sie dieses aus vielen kleinen Mosaiksteinchen bestehendes Leben leben?
Ja! Meine leider viel zu früh verstorbene Mutter hat mir zwei Sätze mitgegeben, nach denen ich bis heute lebe: „Das Leben wird dir nicht mehr Tage geben, aber du kannst dem Tag mehr Leben geben“ und „Humor ist der Knopf, auf den du drücken musst, bevor dir der Kragen platzt“. 

Humor hilft ja bekanntlich in vielen Lebenslagen. Was braucht es daneben für Sie, um glücklich zu sein? 
Wenn die Menschen um mich herum glücklich sind, bin ich es auch. Ich bin ein harmoniebedürftiger Mensch. Deshalb tue ich alles dafür, dass sich alle in meiner Gegenwart wohlfühlen, sie zufrieden und glücklich sind. 

Schauspielerin Barbara Wussow hälkt einen Blumenstraß in der Hand und zeigt fröhlich auf das Trainingsschiff, an dessen Rumpf CARLO SCHNEIDER steht. Vom Rumpf des Trainingsschiffes blicken vier Seenotretter in Einsatzkleidung zur Kamera.

Am Rande der Seenotrettungsübung SAREx Neustadt 2021 (SAREx = Search and Rescue Exercise, Such- und Rettungsübung) taufte Barbara Wussow am 16. September 2021 das neue Trainingsschiff der Seenotretter auf den Namen CARLO SCHNEIDER (1). Der stellvertretende DGzRS-Vorsitzer Matthias Claussen (l.) sowie der Leiter der Trainingsflotte und stellvertretende Leiter der Seenotretter-Akademie Timo Jordt (2.v.l.) haben die Schauspielerin in ihre Mitte genommen (2). Und auch ein Blick auf die Technik des Trainingsschiffes durfte nicht fehlen (3).
Fotos: Jörg Sarbach (1, 2), Dirk Bartling (3)

Mit sechs Jahren sind Sie aus Ihrer Geburtsstadt München nach Wien gezogen, weil Ihre Eltern am dortigen Burgtheater ein Engagement erhalten hatten. Nach wie vor leben Sie in der österreichischen Hauptstadt. Was sollten Touristen dort auf jeden Fall gesehen haben? 
In Wien gibt es so viele sehenswerte Orte: Angefangen beim Stephansdom, dem Wahrzeichen meiner Heimatstadt im Zentrum, über die Kaisergruft unter der Kapuzinerkirche bis hin zu den wunderschönen Kirchen und Schlössern. Daneben kann ich einen Besuch in mindestens einem unserer mehr als 100 Museen ebenso wie einen Spaziergang über die Weinberge rund um Wien nur wärmstens empfehlen, von dort hat man einen fantastischen Blick auf die Stadt. 

Was ist Ihr Lieblingsort in Wien? 
Ich bin sehr gern auf dem Cobenzl: Ich liebe den wundervollen weiten Blick von dort oben, der bis nach Tschechien reichen kann. Auf dem Berg gibt es auch einen Lebensbaumkreis, der aus 40 verschiedenen im Kreis angeordneten Bäumen besteht. Dort bin ich sehr, sehr gern und genieße die malerische Aussicht oder ich spaziere zum Restaurant „Oktogon“, um bei einem Kaffee auf Wien hinunterzuschauen.  

Sie leben am Ostrand der Alpen, die deutsche Küste ist fern. Haben Sie dennoch eine Verbindung zur See? 
Wie bereits erwähnt, bin ich in München geboren, in Wien aufgewachsen und deshalb erst spät mit der See in Berührung gekommen. Mein Vater wurde zwar an der Ostsee geboren und hat mir immer mal wieder aus seiner Kindheit am Camminer Bodden erzählt, aber als Kind war ich nie am Meer, weil meine Eltern im Sommer immer gearbeitet haben. Als ich für die Dreharbeiten zur „Schwarzwaldklinik“ mit 21 Jahren nach Hamburg gekommen bin, habe ich Ost- und Nordsee zum ersten Mal gesehen – und war begeistert.

Wenn ich heute ans Meer komme, öffnet sich mein Herz. Es fühlt sich ein wenig an, als ob ich nach Hause zurückkehre. Ich liebe diese Weite, den freien Blick, das Naturschauspiel mit den brechenden Wellen am Strand, das Knirschen der Steine. Das alles hat auf mich eine meditative Wirkung. 

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Wann sind Sie bei Ihren Reisen an die deutsche Nord- und Ostsee den Seenotrettern das erste Mal begegnet? 
Tatsächlich erst bei der Taufe der CARLO SCHNEIDER im vergangenen September in Neustadt, als ich dem Trainingsschiff seinen Namen geben durfte. Allerdings habe ich die DGzRS als Organisation schon davor gekannt, ohne jemals näheren Kontakt gehabt zu haben.

Ich durfte mit dem Trainingsschiff hinaus auf die Lübecker Bucht und habe bei einer großen Rettungsübung viele beeindruckende Dinge gesehen. Ich bin dankbar und demütig, dass ich das miterleben durfte. Denn ich möchte in meinem neuen Ehrenamt möglichst vielen Menschen aus eigener Erfahrung etwas über die Seenotretter berichten. 

Womit können Sie Ihrer Meinung nach die DGzRS am besten unterstützen? 
Ich werde bei jeder sich bietenden Gelegenheit von den Seenotrettern schwärmen, von ihrer so wichtigen Arbeit erzählen, meinen Namen, den ich mir in den vergangenen 40 Jahren erarbeitet habe, für die gute Sache einsetzen. Und wenn ich es zeitlich einrichten kann, werde ich so oft es geht vor Ort sein, um bei Veranstaltungen dabei zu sein.

Was bedeutet es für Sie, Botschafterin der Seenotretter zu sein? 
Als mir die Frage gestellt wurde, ob ich Botschafterin der Seenotretter werden möchte, empfand ich es als unglaubliche Ehre, dass ich als Ösi diese verdienstvolle Aufgabe übernehmen darf. Ich bin sehr stolz, dass ich jetzt auch zu den Seenotrettern gehöre. 

In der Tat sind Sie jetzt ein Teil vom #TeamSeenotretter: Was sind für Sie die wichtigsten Aspekte? 
Ich bin fasziniert, dass Menschen, die bei der Post, beim Friseur oder wo auch immer arbeiten, alles stehen und liegen lassen, wenn sie alarmiert werden und ihre Ausrüstung schnappen, um Menschen aus Seenot zu retten. Dieses unbedingte, mutige Einstehen für andere berührt mich sehr, davor habe ich allergrößten Respekt. Zumal sie dabei ihre eigene Gesundheit und manchmal sogar ihr eigenes Leben einsetzen.

Hinzu kommt, dass die Seenotretter bei jedem Wetter freiwillig rausfahren, um Menschenleben zu retten. Das bewundere ich sehr, gerade weil ich bei den Dreharbeiten für das „Traumschiff“ erlebt habe, welch unbändige Kraft die See haben kann. Gleich bei meiner ersten Reise mit dem Kreuzfahrtschiff „Amadea“, auf dem wir aufnehmen, sind wir auf unserem Weg von Honolulu nach Yokohama in einen gewaltigen Sturm mit mehr als elf Beaufort und sehr grober See geraten. Fenster gingen zu Bruch, der Rumpf trug Beulen davon. Ich habe mich sehr gefürchtet, es ging wirklich unablässig rauf und runter.

In dieser bewegenden Situation habe ich immer nur gedacht: „Hoffentlich erlebe ich keinen Rettungseinsatz mit. Und wenn, dann lieber Gott, lass ihn gut ausgehen, lass die Besatzung, die Passagiere und das Schiff wieder gesund und heile nach Hause kommen.“ 

Welche drei Schlagworte fallen Ihnen zu den Seenotrettern ein? 
Meer, Himmel und Engel. Ich bin ein sehr gläubiger Mensch, daher wecken die Seenotretter bei mir die Assoziation an Engel. Sie sind es, die anderen in Not helfen, die Schiffbrüchige wieder ins Licht heben. 

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