Mit einem feinen Acrylstift zeichnet Bettina Lohff eine dunkelblaue Möwe über das „i“ auf einen kleinen, hellen Stein. Es ist auf ihm ihr letzter Strich. Sie lächelt zufrieden. Dann nimmt sie ihn von dem mit Handtüchern geschützten Tisch in ihrer Küche oder ihrem Atelier und legt ihn vorsichtig zu den anderen bereits bemalten Steinen. Später wird sie ihn noch mit Klarlack versiegeln. Er ist einer von Hunderten, die sie in den vergangenen Monaten in mühevoller, jeweils bis zu eineinhalbstündiger Kleinarbeit mit „Delle“, „Pelle“ oder einem rot-weiß geringelten Leuchtturm verziert hat. „Delle“ und „Pelle“ kennt in Travemünde fast jeder: Der Delfin und die Robbe sind den Menschen dort ans Herz gewachsen, weil sie sich vor einiger Zeit häufig in der Nähe des Hafens zeigten.
Angefangen hat alles vor ein paar Jahren, als Bettina Lohff schwer erkrankt. Sie will sich von den erdrückenden Gedanken ablenken, ihr Leben weiterleben. Die gelernte Vermessungstechnikerin besucht einen Töpferkurs. Sie merkt schnell, wie sie sich in dem Handwerk verlieren kann, wie sich das Karussell im Kopf aufhört zu drehen. Bald besitzt sie einen eigenen Töpferofen, richtet sich im Keller ihres Hauses in Pötenitz ein kleines Atelier ein. Dort malt sie mittlerweile auf großen Leinwänden – und seit vier, fünf Jahren verschönert sie gesammelte Steine. Diese legt sie zunächst an der Ostsee rund um Travemünde aus. „Wer sie findet, kann sie mitnehmen“, sagt die 59-Jährige. Wer will, kann von den „Elbstones“ oder „Küstensteinen“ genannten Kunstwerken ein Foto in einer eigens dafür eingerichteten Social-Media-Gruppe veröffentlichen.
Anfangs bemalt Bettina Lohff die Steine mit Marienkäfern oder kleinen Sprüchen, irgendwann mit „Delle“ und „Pelle“. Bald entsteht die Idee einer Spendenaktion für die DGzRS: Sie verkauft ihre kleinen Kunstwerke zu deren Gunsten – 1.200 Euro kommen zusammen. „Ich sitze oft an der Ostsee, genieße die Ruhe und den weiten Blick. Dabei sehe ich immer wieder die Seenotretter, die mit ihrem Boot von Travemünde aus losfahren. Sie machen das alles ehrenamtlich, das imponiert mir“, begründet sie ihren Entschluss. Zumal sie als Tochter eines Fischers, mit Wurzeln auf Rügen, selbst weiß, wie es auf See aussehen kann. Und vielleicht gibt es demnächst eine Neuauflage der Spendenaktion: „Es hat mir unheimlich viel Spaß gemacht. Ich habe damit Menschen geholfen und kann mir gut vorstellen, es ein weiteres Mal zu machen.“
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