Die rote „Zora“ ist Brigitte Honnens’ und Alois Schieles zweites Zuhause: Mit der Segelyacht haben die beiden Bremer Blauwassersegler in den vergangenen zehn Jahren rund 30.000 Seemeilen zurückgelegt. In einem Vortrag berichtete das Ehepaar im Februar über seine jüngste Langfahrt von den Azoren über die Irische See bis in die Weser. Dabei erinnerte es auch daran, wer in einem Notfall für alle auf See da ist: die Seenotretter.
Anfang Juni laufen Brigitte Honnens und Alois Schiele gemeinsam mit anderen Segelyachten von den Azoren aus. Alle schätzen ein Tief über Amerikas Küste falsch ein: „Es füllte sich schneller als erwartet auf“, berichtet Alois Schiele. Der Sturm rast unaufhaltsam auf sie zu. Sie sind bereits zu weit, um ihn noch ablaufen zu können. Der Wind zerrt an der roten „Zora“, pfeift in Böen mit bis zu 45 Knoten über sie hinweg und türmt die See zu fünf Meter hohen Wellenbergen auf. Er beschädigt den Windrichtungsanzeiger und -messer, reißt den Autopiloten heraus und schiebt die 11,20 Meter lange Segelyacht sehr schnell über den Atlantik. Das Ehepaar ist froh, als es im südwestirischen Dingle einen sicheren Hafen erreicht.
Einige der mit ihnen gestarteten Yachten melden schwere Schäden. Eine Crew muss sich sogar vor der Küste Marokkos von den portugiesischen Seenotrettern abbergen lassen. Da wird Brigitte Honnens und Alois Schiele einmal mehr bewusst, wie unentbehrlich die Rettungsleute für Segler wie sie sind. Es entsteht die Idee, bei ihrer Rückkehr in Deutschland für die DGzRS zu sammeln. „Wir selbst spenden schon seit vielen Jahren regelmäßig an die Seenotretter“, sagt Alois Schiele. Jetzt wollen sie noch mehr machen: Sie bitten am 17. Februar bei einem Vortrag die mehr als 150 Gäste um Geld für die Seenotretter. Mit Erfolg: Rund 1.100 Euro kommen am Ende im niedersächsischen Schwanewede zusammen.
Nach mehrtägigem Klarschiffmachen in Dingle setzen Brigitte Honnens und Alois Schiele ihre mehrmonatige Langfahrt fort: Vorbei an der West- und Nordküste Irlands geht es über die Irische See und den Caledonian Canal rüber zur Nordsee. Einige Wochen später sind sie schließlich auf der Lesum – einem Nebenfluss der Weser – am Steg der Bootswerft Winkler fest. Dort bekommt die „Zora“ ein großes Refit, ehe es am 1. April wieder heißt: „Leinen los“, auf zur nächsten Reise – dieses Mal entlang der deutschen Küste.
Freisein auf See
Seit zehn Jahren ist das Ehepaar mit seiner Yacht immer von Frühling bis Herbst für sechs Monate in europäischen Gewässern unterwegs, davor segelten sie mit dem Vorgängerboot bereits zehn Jahre auf der Nordsee. „Wir sind Spätpubertierende“, sagt der 71-jährige Alois Schiele und lacht. Als Brigitte Honnens und er mit Anfang fünfzig überlegen, was sie in ihrem nahenden Ruhestand machen möchten, ist für sie als „wasseraffine Menschen schnell klar: Wir probieren es mal mit dem Segeln“, sagt er und schaut mit einem Lächeln zu seiner heute 74-jährigen Frau hinüber. Ihren Entschluss haben die beiden nie bereut.
Die See wird zu ihrer zweiten Heimat: Sie genießen die Freiheit, lieben das Spiel der Elemente und die Bewegung an Deck. Aus mehrtägigen Törns werden irgendwann Blauwassertouren, die Brigitte Honnens und Alois Schiele auch mit Hilfe der DGzRS akribisch planen: „Die Seenotretter haben uns viele Hinweise zu Sicherheitsaspekten gegeben, diese waren und sind eine große Hilfe“, lobt er. Überhaupt sei auf die Rettungsleute immer Verlass, sie unterstützten stets mit Tipps und Tricks. Und das Wichtigste: Im Notfall sind sie da, auch wenn das Ehepaar bei seiner nächsten Langfahrt einmal in eine bedrohliche Lage kommen sollte.